Herr Niemann, Sie sind einer der Mitbegründer der Initiative Deutscher Bundesverband Ökologischer Landbau. Welches Ziel verfolgt der jetzt gegründete Verein?

Unser Ziel ist die Gründung eines einheitlichen deutschen Bio-Bundes-verbandes. Dieser soll auf dem Niveau der bisherigen Verbandsstandards arbeiten und ein gemeinsames Logo führen. Dieses dient der Kommunikation „eines“ hohen deutschen ökologischen Qualitätsniveaus zum Verbraucher. Damit entfallen aufwendige Regelungen, die bisher zur Herstellung von Kompatibilität der Verbandswaren notwendig waren. Durch die Etablierung eines einheitlichen deutschen Bio Zeichens wird zudem die Abgrenzung zum EU-Bio Standard erreicht.

Was sind die Beweggründe für Ihren Vorstoß?

Die aktuelle Situation im deutschen Ökolandbau ist von vier Aspekten geprägt. Wir haben zum einen eine nie da gewesene hohe Akzeptanz der Verbraucher für Bio, auch und gerade aus Deutschland. Auf der anderen Seite eine Erzeugerstruktur die sich bundesweit in acht bzw. neun Anbauverbände zergliedert. Wobei der größte „Anbauverband“ noch nicht mit gerechnet ist, denn die EU-Betriebe umfassen mittlerweile fast 40 % der deutschen Biobetriebe. Im Flächenranking liegen sie mit ca. 35 % der Ökofläche vor jedem deutschen Anbauverband. In dieser Situation liegen die etablierten Anbauverbände in einem Konkurrenzkampf und versuchen, mit teils unbestrittenen Leistungen wie Beratung oder Vermarktung Betriebsakquise gegeneinander zu machen.

Welche Gründe sprechen noch für eine Aufhebung dieser Zersplitterung?

Ein weiterer Aspekt sind die heimischen Verarbeiter, die sich zur Qualitätssicherung und für ihre Handelsmarken eine ausreichend hohe Verfügbarkeit definierter Verbandsware wünschen. Nur so können sie sich auf hohem Niveau sicher versorgen. Die derzeit in der Praxis stattfindenden Rezertifizierungsaktionen sind ein Armutszeugnis der deutschen Verbandslandschaft und nicht im Ansatz geeignet, das Problem zu lösen. Des Weiteren bereitet die Kommunikation von verschiedenen Verbandslogos große Probleme. Der Gedanke, ein einheitliches deutsches Standardsiegel auf hohem Niveau zu bekommen, und dies dem Verbraucher zu erklären, wird von den Verarbeitern vehement eingefordert.
Der vierte Aspekt trifft die Erzeuger meist direkt und unvermittelt. Durch Import von Bio-Massenware, die nach dem geringeren EU Standard zertifiziert ist, bildet sich hier in Deutschland ein Preis. Der heimische Erzeuger, der nach höheren Verbandsstandards arbeitet, hat keine Möglichkeit, seine Produktionsmethode auszuloben und einen angemessenen Preis einzufordern; er muss sich dem Angebotspreisdiktat anpassen. Herkunft und Ursprung der Ware wird anonymisiert. Der Preis ist einziges Argument. Dies ist weder im Interesse der Verbraucher noch unserer Bauern.

Sehen Sie mit der Zusammenführung der Ökolandwirte unter einem Dach weitere Synergieeffekte?

Die Aufgabe der Kleinstaaterei im Biobereich kann dazu beitragen, für die Urproduzenten eine sinnvolle und wirksame regionale Betreuung und Beratung zu leisten – ohne Doppelstrukturen. Damit einher gehen außerdem einheitliche, gerechte, transparente Beiträge.

An wen richtet sich Ihre Initiative?

Der Verein „Initiative Deutscher Bundesverband Ökologischer Landbau“ bietet den Erzeugern aller Bundesländer und den Verbänden die Möglichkeit zum Beitritt und zur Mitarbeit, um gemeinsam die zukünftige Entwicklung des ökologischen Landbaus zu gestalten. Wir sind fest davon überzeugt, dass mit einem gemeinsamen deutschen Bio -Bundesverband die Kraft aller zur Stärkung unserer gemeinsamen ökologischen Idee gebündelt werden kann.

Die Fragen stellte Detlef Finger